Rezensionen 26.08.2017

Turnover - Good Nature [Run For Cover Records / ADA]

Wäre der Sommer dieses Jahr ein echter und heißer gewesen, hätte dieses Album der optimale Soundtrack dafür werden können. So ist „Good Nature“, die dritte LP von Turnover aus Virginia, einfach nur ein schönes, schwüles Werk zwischen Real Estate und Beach House geworden.

Die Hitze hängt wie ein Vorhang über der Stadt. Wer einen Ventilator hat, ist der glücklichste Mensch der Welt. Wer keinen hat, spannt eine Plane über die offene Tiefkühltruhe und sich selbst und pfeift auf den überhöhten Stromverbrauch. Dazu aus den Boxen: „Good Nature“ von Turnover, das in seiner atmosphärischen Psychedelik ein bißchen so wirkt als sei es einem wunderschönen Fiebertraum entsprungen, oder eben an einem knallheißen Sommertag entstanden, als die Hitze die Mitglieder dieser Band dazu zwang, die harten und lauten Rhythmen, die ungezügelte Energie und den tanzbaren Flow der allzu nötigen Coolness zu opfern. Später dann, die Sonne verschwindet in gleißendem Rot am Horizont, doch die Hitze spielt nach wie vor ihr lähmendes Spiel, ist der kalte Drink mit Freunden nötig. Also rein in die Cargo-Pants, das Hawaii-Hemd offen über dem Feinripp-Unterhemd, rauf aufs Longboard, ab auf die Straße, rauf auf die Straße. Auf den Kopfhörern: Immer noch dieses Album, dessen verträumte Melodieseligkeit nun den schwindenden Tag begleitet.

Ach, ist das schön, sich diese Dinge auszumalen: Die Rhythmen, die gegenüber des bisherigen Outputs von Turnover deutlich komplexer geworden sind und sich am Bossa Nova und am Cool Jazz bedienen, bringen eine äußerst einnehmende Entspanntheit in diesen Psychedelic Pop, der in seiner Lässigkeit sowohl an Real Estate und Beach House als auch (mich persönlich) an die schwedische Band Yamon Yamon erinnert, die vor sieben Jahren mit „This Wilderlessness“ ein ganz ähnliches Album leider zur völlig falschen Zeit (nämlich im Januar) veröffentlichte. Sänger Austin Getz sagt, auf „Good Nature“ drehe sich alles um Lernprozesse - vor allem den, glücklich zu werden, ohne Extase und überschäumende Freude, sondern in dieser entspannten Zufriedenheit, die das Leben passieren lässt in dem Gefühl, alles sei gut so wie es gerade ist. Dieses Gefühl tragen Stücke wie der Opener „Super Natural“, das tolle „Curiosity“ oder „Breeze“ überaus nachvollziehbar in die Köpfe ihrer Hörer; „Good Nature“ ist kein Album zum sich sorgen, keines zum Bäume ausreißen, sondern eines zum Dinge geschehen lassen, zum abkühlen, zum rausschauen und zum selbst mäandern. Diese Art Musik kann in den falschen Situationen fraglos auch als plätschernd und unzwingend abgetan werden, aber glaubt mir: Erwischt euch dieses Album in den richtigen Momenten, findet ihr darin einen wahrhaft treuen und verlässlichen Partner.


Text: Kristof Beuthner