Rezensionen 09.02.2018

Red River Dialect - Broken Stay Open Sky [Paradise Of Bachelors / Cargo]

Die Reise von Red River Dialect dauert schon recht lange, genauer gesagt seit dem Jahr 2002, in dem Bandkopf David Morris erstmals unter diesem Alter Ego Songs veröffentlichte. Mit „Open Stay Broken Sky“ ist seine Band in einer raureifbedeckten Winterlandschaft angekommen.

Red River Dialect waren dabei im Grunde nie eine ganz richtige Band. David Morris musizierte mal alleine und trat auf, wurde dabei von einem wechselnden Aufgebot an Musikern unterstützt, die der Folk-Szene Cornwalls angehören, mal blieb einer länger, mal ging ein anderer früher, das Kollektiv zählte. Und die Idee einer musikalischen Reise von andauernder gegenseitiger Inspiration durch den kompletten Verzicht auf Stillstand und Pausen, immer schreiben, immer touren, mal hier leben, mal dort. Von dieser Rastlosigkeit erzählt auch das inzwischen fünfte Vollwerk von Red River Dialect namens „Open Stay Broken Sky“, das ein sehr traditionsbewusstes britisches Folk-Album ist und mit rein akustischem Instrumentarium eine überaus wohlklingende Bodenständigkeit ausstrahlt. Man könnte jetzt über die Reinheit von Musik schwadronieren, die ihre Energie und ihre Strahlkraft ohne Effekte am allerbesten aus sich selber schöpft - es ist ein Ansatz, aber auf Red River Dialect trifft er sicherlich zu. Die Gitarren, die für wenige kleinere Soli auch mal eingestöpselt werden, die spärlichen Percussions, vor allem die wunderschönen Streicher und der innige Gesang von David Morris, mal solo und mal unterstützt durch wechselnde Gesangspartner, lassen in ihrer wunderbaren Simplizität von Raureif bedeckte Winterlandschaften vor dem inneren Auge entstehen. Red River Dialect lassen ihren acht neuen Klangpreziosen eine Menge Entfaltungszeit; der zweiteilige Opener „Juniper / The View“ führt uns zunächst auf die völlig falsche Fährte eines beinahe Ambient-ähnlichen Akustik-Gitarren-Trips, bevor im zweiten Part und in den darauf folgenden Stücken auch das Erbe von Jason Molinas Songs Ohia verwaltet wird.

Würde man „Open Stay Broken Sky“ etwas anlasten wollen, dann höchstens, dass es vor allem im Gesamtbild und auf der Stimmungsebene wunderbar funktioniert, unvergessliche Song-Momente aber insgesamt doch eher vermissen lässt. Als Molina-Nachfolger funktionierten vor ein paar Jahren die Rivulets mit ihrem brillanten „I Remember Everything“ deutlich besser, weil sie starke Songs hatten und sich nicht nur den klanglichen Traditionen verpflichtet sahen. Das ist allerdings insgesamt eher auf hohem Niveau gejammert - „Open Stay Broken Sky“ ist ein schönes Folk-Album, das im Grunde keine Fehler macht. Und bei dem künstlerischen Approach des Projektes ist vielleicht beim nächsten, sicherlich in absehbarer Zeit erscheinenden Werk auch mehr drin als nur die Erinnerung an den perfekten Soundtrack für einen ausgedehnten Winterspaziergang.

Text: Kristof Beuthner