Fundgrube 27.07.2015

Neue EPs! Mit Sfir, I Have A Tribe, Hippo Campus, Dolomite Minor u.a.

Liebe geneigte Leserschaft, herzlich Willkommen zu einer weiteren Runde Kurzkritiken, frisch serviert aus Nills' Kitchen. Heute mit Dunkelheit, Leichtigkeit, Surfpop und Bluesrock. Und qualitativ tatsächlich auf konstant tollem Niveau!

Sfir - Große Welt EP [recordJet]

Das ist mal eine Geschichte: Ein Kumpel verweist auf diese Band, ich finde Gefallen, zeige sie einem anderen Kumpel und am nächsten Tag besitzen alle die CD. Geschafft haben das Sfir aus Berlin, und wenn man sagt, dass die wie Joy Division klingen, dann ist das richtig und falsch zugleich. Eine Floskel, die man da jetzt bemühen könnte, wäre "besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht". Doch wichtig ist vor allem der Style. Die "Große Welt EP", die trotz des deutschsprachigen Titels keine deutschsprachigen Songs beinhaltet, klingt auf den Punkt stilvoll, dunkel und intensiv. Stoische Drums, feine Riffs und eine Stimme, die unter die Haut geht. Manchmal ist der "klingt wie"-Vergleich absolut als Kompliment gemeint.

Alden Penner - Canada In Space EP [City Slang / Universal]

Nee, komm. No jokes with names jetzt. Wenn man sich Alden Penner mal angehört hat, vergeht einem sowieso das Lachen. Der kanadische Songwriter, der einst die Band The Unicorns mitbegründet hat, legt seine samtige Stimme auf der "Canada In Space EP" über bedrohlich wabernde Synthie-Flächen, und so weich sein Gesang ist, so unterschwellig lauernd präsentiert sich das musikalische Gerüst, als würde es jeden Moment bereit sein, dich anzuspringen. Ein tolles, düsteres Klangexperiment ist dabei herausgekommen; fünf kontemplativ schwingende, mit den Hufen scharrende Synthie-Pop-Songs mit Ambition, sich in deinem Kopf festzukrallen. Wirklich klasse.

I Have A Tribe - Yellow Raincoats EP [Grönland / Rough Trade]

Das Haus Grönland Records steht für Qualität. So ist es wenig überraschend, dass auch Patrick O'Laoghaire (den Namen bitte nur im äußersten Notfall nachschreiben!) der Klasse seines Labels in nichts nachsteht. Unter dem Pseudonym I Have A Tribe serviert er vier wundervolle, von Gitarre, Klavier und sanften Beats ausgemalte Folkprachtstücke, die er mit einer weichen, aber sehr ausdrucksstarken Stimme garniert. Das bewegt sich erfreulich weit weg von traditionellem Songwritertum und stellt eher Gourmet-Granden wie Villagers nach, mit deren Kopf Conor O'Brien er auch seine Debüt-EP aufgenommen hat. Es findet zusammen, was zusammen gehört. So wie I Have A Tribe und ihr.

Hippo Campus - Bashful Creatures EP [Transgressive / PIAS / Coop]

Schweifen wir ab von schwelgerischen Schönklängen. Schwingen wir das Tanzbein. Zu Hippo Campus zum Beispiel, einer jungen Band aus Minnesota, deren Debüt-EP "Bashful Creatures" einen außerordentlich feinen Sommersoundtrack abgibt. In knackiger Kürze gibt es sechs tolle, melodieverliebte und exaltiert fröhlich machende Songs, die nach Sonne, Jugend und Leichtigkeit klingen. Das macht eine Menge Spaß und den Cayucas vermutlich Konkurrenz, wenn es sie nicht sogar einsteckt und sich eher an The Kooks heranmacht. Denn Hippo Campus haben eine Stimme am Mikrofon, die voller Leidenschaft steckt und sich in keiner mit Surfbrettern vollgestopften Garage dieser Welt verstecken muss.

Leo Kalyan - Silver Linings EP [Believe Digital]

Leo Kalyan ist "ein weiterer" Produzent aus London, der House - in diesem Fall sehr langsamen House - mit Soul und R'n'B anreichert. Er arrangiert auf seiner "Silver Linings EP" vier Stücke für uns, die klingen, als würde jemand auf wattierten Sohlen durch sein Schlafzimmer tanzen. Oder nachts als Geist durch die angesagtesten Clubs schweben. Hört sich merkwürdig an? Nein, wirklich nicht. Ist definitiv ein qualitativ mehr als toller Beitrag zum Genre, der in die Popherzen genauso schielt wie in die der Melt- und Dockville-Fans, wo Leo Kalyan speziell in den frühen Morgenstunden eine ausgezeichnete Figur machen dürfte.

Dolomite Minor - Girl Of Gold EP [Ignition Records]

Einer noch, dann ist der EP-Stapel weg! Dann lassen wir's nochmal krachen: Mit Dolomite Minor, einer Band, die sich in diesem Sommer schon auf allen großen Festivals herumgetrieben hat, Rock am Ring und Roskilde zum Beispiel. Und wahrscheinlich begeisterte Menschen hinterlassen hat, mit offenen Mündern: Die Herren spielen fiesen Bluesrock, der sich in deine Gehörgänge schneidet, mit grandios genöltem Gesang und tonnenschweren Gitarren. Das macht riesig Spaß, und es ist wirklich schön zu sehen, wie dem seit den 1960ern heißen Genre immer noch weitere Facetten abgewonnen werden, die den großen Vorbildern - hier zum Beispiel The White Stripes - in nichts nachstehen.

 

 Text: Kristof Beuthner