Rezensionen 02.05.2014

Mando Diao - Aelita [Vertigo / Universal]

Mit Mando Diao war man als Randgeschmäckler ja schon durch gewesen nach ihrem Kirmeshit "Dance With Somebody", als sie im Winter 2012 mit dem rein schwedischsprachigen Folk-Wunderwerk "Infruset" um die Ecke kamen, das sie künstlerisch wieder voll in den Fokus rückte.

Damit haben sie sich kommerziell natürlich zumindest hierzulande ein feines Eigentor geschossen (Welcher hiesige Radiomensch möchte sich schon vertonte schwedische Gedichte im Folkgewand von seinen Lieblings-Posterboys anhören?), bei allen anderen aber so angenehm für Aufsehen gesorgt, dass man beim Nachfolger "Aelita" sofort wieder neugierig ist. Zumal die Platte sogar ein noch hässlicheres Cover hat, als "Angles" von den Strokes - was vor ein paar Jahren ja schon als schwer zu toppen galt. Also bitte, was geht jetzt? 80s-Referenzpop? Zumindest sieht "Aelita" von außen so aus, und es würde dem ja ohnehin doch facettenreichen Schaffen der Schweden eine weitere Komponente hinzufügen. Es scheint ein bißchen so, als hätte Mando Diao nun endgültig die Lust am Austoben gepackt. Und Gustaf Norén stellte ohnehin selber vor kurzem klar, dass es DEN Mando Diao-Sound gar nicht gibt und alles stets und ständig im klanglichen Umbruch begriffen ist.

Der fällt dieses Mal dann auch tatsächlich so heftig aus wie nie zuvor im Oeuvre der Band. Ja, 80s-Referenzpop. Ja, hier trieft es förmlich vor supersaftigen Synthesizern, und sogar DIE Synthesizer-Ikone Jan Hammer ist mit einem Gastauftritt dabei. Das ist, wenn man noch das Bild der gerade so nicht mehr pickligen Mandos auf Höhe ihres Debüts "Bring 'Em In" vor Augen hat, äußerst radikal und irgendwie reichlich verrückt, aber die Band macht das sehr versiert, sehr feingeistig und sehr stilecht. Statt krachigem Garagenrock und verwunschenem Folk gibt es nun ein reich gedecktes Buffet aus Dancepop, Elektronik und Disco. Man muss sich erst reinschmecken, aber spätestens das dritte Stück der Platte namens "Money Doesn't Make You A Man" lässt einen mit dem Kopf nicken und breit lächeln darüber, dass die Jungs es ein weiteres Mal geschafft haben, den Erwartungen so gar nicht zu entsprechen, ihren eigenen Kopf entgegen allen chartsträchtigen Möglichkeiten durchgesetzt haben - und aus ihrem Spleen auch noch eine absolut eingängige und in dieser Konsequenz völlig zeitfremde Platte gemacht haben, die sich mehr als angenehm durchspielen lässt und natürlich auch so schön voll und feist produziert ist, dass es so richtig herrlich knallt aus den Kopfhörern. Man muss das nicht mögen, aber man muss das in dieser Form bewundern. Ich bin jetzt schon gespannt, was Mando Diao als nächstes aus ihrer Wundertüte ziehen.


Text: Kristof Beuthner