Rezensionen 22.02.2018

Get Cape. Wear Cape. Fly - Young Adults [Xtra Mile Recordings / Indigo]

Es gab da mal diesen Typen namens Sam Duckworth, der schaffte es vor zwölf Jahren, sich durch den perfekt gewählten Namen für sein Emo/Singer-Songwriter-Projekt unvergesslich zu machen. Wir konnten alle super sein wie dieser Typ, egal was wir für Nerds waren: Wir mussten nur das Cape bekommen, es tragen und fliegen.

Duckworths Debüt unter dem Alter Ego Get Cape. Wear Cape. Fly namens „Chronicles Of A Bohemian Teenager“ war aber auch abgesehen davon eine wahnsinnig starke (und wenigstens für mich bis heute unvergessliche) Platte, die eine ganze Menge so machte, wie ich das damals gerne mochte. Da waren die Emo-Vocals von Duckworth auf diesen tief aus der Seele eines Teenies (oder meinetwegen noch Young Twen) sprechenden Songs wie „Lighthouse Keeper“, „War Of The Worlds“ oder „I Spy“, die er - lediglich mit einer Ausnahme - rein zur gezupften Gitarre vortrug. Das konnte mir Geschichten Erzählen, besonders nachts zum damals noch billigen Rotwein. Für mich war „Chronicles“ ein Opus Magnum, das unerreichbar schien - und tatsächlich überzeugte mich keine der folgenden Platten von Sam Duckworth, egal ob unter seinem freaky Alter Ego, seinem bürgerlichen Namen oder wie jüngst unter dem Namen Recreations veröffentlicht. Ich verlor den Typen an sich aus den Augen - wenn ich den Namen Get Cape. Wear Cape. Fly lese, muss ich aber unweigerlich wenigstens kurz hinschauen und mich kurz zurückerinnern.

So geschehen auch beim neuen Werk namens „Young Adults“, diesmal sogar wegen des Titels. Das Schicksal jeder Generation ist es schließlich, dass aus uns Bohemian Teenagers irgendwann junge Erwachsene werden müssen. Wir können das hinauszögern, irgendwann künstlich, aber es kommt unaufhaltsam. So schließt sich für Get Cape. Wear Cape. Fly ein ebensolcher Kreis wie für uns, und wir Liebhaber dieses herausragenden Debüts sind gemeinsam mit unserem Geschichtenerzähler gealtert. Da aber das Anerkennen des Erwachsenen-Status vielen von uns immer noch reichlich schwer fällt, wohnt dem Prozess eine gewisse Tragik inne. Wo Erwachsensein Stabilität ausstrahlen soll, ist Stabilität in der heutigen Welt ja auch ein rares Gut - so viel Verantwortung, so viel Unsicherheit. Gar nicht so einfach, ein Adult zu sein. So handelt „Young Adults“ tatsächlich vornehmlich von denen, die erwachsen werden müssten, aber es nicht wollen oder können, und nicht umsonst beginnt das Album mit den Worten „I’m still reading yesterday’s news / looking to the past to support my views“. So ist der Grundton trotz des diesmal ausladenden Band-Arrangements durchaus wieder melancholisch geraten und tatsächlich (da setzt sich das Alter dann doch durch) reifer komponiert; da wohnt nur in Duckworths Gesang noch eine gewisse Jugendlichkeit. Um dann so nachhaltig zu beeindrucken wie dereinst „Chronicles“ fehlt „Young Adults“ der Biss und das einprägsame Songwriting, was die Platte dann „nur“ ein ganz schönes Pop-Album sein lässt - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sich wieder mit Sam Duckworth zu beschäftigen, hat trotzdem definitiv gut getan.


Text: Kristof Beuthner