Rezensionen 03.09.2017

Everything Everything - A Fever Dream [RCA Records / Sony Music]

Die nächste große Nummer für das Quartett aus Manchester: Mit „A Fever Dream“ etabliert sich die Band in der Spitzenliga der alternativen Popmusik, ohne ihrem Oeuvre zentral neue Aspekte hinzuzufügen.

Aber das ist auch in Ordnung so, denn so lange Everything Everything das so gut machen, gibt es noch nicht viel Neuerfindungsbedarf. Nach drei vielumjubelten Alben (das Debüt „Man Alive“ erntete einst gar eine der begehrten Mercury Prize-Nominierungen) lebt die Liebe zum soulinfizierten Elektro-Pop nach wie vor, sie ist die Basis der äußerst tanzbaren Songs des Quartetts, das in Jonathan Higgs eine veritable, gleichsam sanft-schmeichelnde und energetisch-mitreißende Stimme aufbietet. So weit, so gut: Spätestens mit „A Fever Dream“ dürften Everything Everything nun zu den Bands gehören, von denen man allein vom Namen her erwartet, sie würden schon eh alles richtig machen. Metronomy sind das jüngste ähnliche Beispiel, das mir einfällt. Aber obwohl die elf Stücke auf „A Fever Dream“ durchaus abwechselungsreich daher kommen, mit Druck und Tempo spielen, mal dynamisch tanzbar und mal reduziert-beseelt klingen und sowohl kompositorisch als auch stimmlich sicherlich über jeden Zweifel erhaben sind, stellt sich doch zum ersten Mal ein leise pochendes Abnutzungsgefühl ein. Einen Überhit à la „Regret“ haben die Mancunians nicht mehr dabei, weder die Single „Can’t Do“ noch das Bloc Party-eske „Ivory Tower“ oder der mechanisch stampfende, mit seinen flirrenden Keyboards an den britischen Techno-Sound der 90er erinnernde Titeltrack können da mithalten (auch wenn letzterer sicherlich das Herzstück der Platte darstellt und sich stark ins Hypnotische steigert, wodurch er am nachhaltigsten im Kopf bleibt). Auch böte das Zusammenspiel von Soul und Madchester-Rave sicherlich durch mehr Ecken und Kanten auch noch weit mehr Reize; nur mit Tanzbarkeit und einer schönen Stimme gewinnt man Hype-Herzen, aber vielleicht täten ein wenig mehr Krach und Schmutz und Staub der Band gut. Nun, das ist Meckern auf hohem Niveau, denn „A Fever Dream“ klingt wirklich variantenreich und catchy und arbeitet auf einem hohen Level, lässt aber die Hits vermissen, scheitert gegenüber dem Vorgänger einfach an der zu hohen Messlatte und bietet Fans der Band einfach zu wenig neues.


Text: Kristof Beuthner