Artikel 05.12.2012

Das Freundliche Bild vom Porno

Die Free-Porno-Seite xhamster.de steht laut der Süddeutschen Zeitung im Webtraffic-Ranking der Amazon-Tochter Alexa Internet auf Platz 24 der meistbesuchten deutschen Seiten. Zum Vergleich, spiegel.de rangiert auf Platz 8. Ein deutliches Zeichen für die exponentiell wachsende Verbreitung von pornografischen Inhalten durch das Internet.

Xhamster.de wirbt mit einem niedlichen Hamster-Maskottchen mit großen schielenden Kulleraugen. Doch mit putzigen Nager-Themen haben die Inhalte wenig gemein – ‚just porn, no hamstershit‘ steht unter dem Logo. Im Vorspanntext heißt es: Die Jungs von dieser Seite stehen total auf versaute Bilder und Videos und wollen allen den Zugriff zu richtig geilen Pornos ermöglichen. Glückwunsch, es geht den Machern also wieder nur um die Wahl zwischen Big Tits, Cumshots und Lesbian-Sex. Auch die neuen medialen Kanäle können das Pornogenre also nicht aus der Ecke mit Silikontitten-Fick, Heterophantasien und Nähmaschinen-Penetration im Akkord bugsieren. Und es geht doch auch anders, ganz anders. Das denkt sich auch Maike Brochhaus und wagt einen Gegenentwurf. Die Kunstwissenschaft-Dozentin startet mit ihrem Projekt-häppchenweise ein Experiment ‚irgendwo zwischen ästhetischer Setzung und ehrlichem Wagnis, zwischen pornografischer Kunst und dem Versuch Sexualität in Gesprächen und Handlungen neu zu fassen.‘ Soweit der selbstdeklarierte Anspruch. Wie es zu dem Projekt kam, wie hipp Postpornografie und wie wichtig der Raucherraum am Filmset wirklich ist, erklärt sie an einem sonnigen Herbstnachmittag in einer Kneipe in Köln Kalk.

Wann ist das Projekt gestartet?

häppchenweise ist eher eine Idee, die mit der Zeit gereift ist. Auf der einen Seite ist es aus meinem persönlichen Faible für explizite pornografische oder sexuelle Kunst entstanden. Ich habe mich im Studium viel mit dem theoretischen, kunstwissenschaftlichen Hintergrund beschäftigt. Außerdem schreibe ich über das Thema gerade meine Doktorarbeit. Ein zentraler Aspekt ist, wie schafft man es, dass Kunst pornografisch ist, aber trotzdem Kunst bleibt. Die anderen Inspirationsquellen sind bspw. Charlotte Roches Pilot ‚Truth Or Dare‘ oder in Bezug auf das Medium Film eben Filme wie Shortbus. Das Pornfilm-Festival in Berlin ist auch sehr inspirierend. Und irgendwie hatte ich die Idee, man müsste doch eigentlich das Flaschendrehen, wie bei Charlotte Roche verfilmen, aber eben expliziter und nicht mit Ferris MC und Roger Willemsen, also mit nicht prominenten Menschen. Das habe ich einer befreundeten Regisseurin erzählt, und die hat mich dann dazu ermutigt. Ich hätte mich das gar nicht getraut, ich habe vorher noch nie einen Film gemacht, doch meine Freundin hat nicht locker gelassen und mir Kontakte zu Kameramännern gegeben.

Wann bist du denn das erste Mal mit Porno in Berührung gekommen?

Über meinen Freund, mit dem ich auch immer noch zusammen bin und der auch mitspielt bei häppchenweise. Wir sind jetzt seit 9 Jahren zusammen und haben auch direkt am Anfang unserer Beziehung viel über das Thema geredet. Ich habe vorher keine Pornos geguckt, ich war 18 oder 19. Man kommt als Mädchen eher seltener damit in Berührung. Zu der Zeit war das Internet noch nicht ganz so verbreitet wie heute. Da wurden noch keine Smartphones mit Pornobildern auf dem Schulhof rumgezeigt. Mein Freund hat mir aber Seiten gezeigt und so kam es zu einer ersten Auseinandersetzung mit dem Thema.

War das Interesse an pornografischer Kunst und das private Interesse strikt getrennt oder haben sich die Interessen eher ineinander verwoben?

Das war überhaupt nicht getrennt, das verfließt total. Ich finde auch die Einteilung, was ist Kunst und was nicht sehr streitbar. Für mich ist Pornografie ein Darstellungsmodus, in welchem Medium auch immer. Dieses Darstellungsmodus, kann sich Kunst genauso bedienen wie der Pornofilm, oder halt die Fotografie, die Malerei, etc..  – die Grenzen sind da fließend. Daher sollte da eine neue Begrifflichkeit greifen, so etwas wie Porn-Art. Denn erotische Kunst, davon wird ja oft gesprochen wenn Kunst oder Filme explizit sind oder generell der Terminus ‚Erotik‘, passt ganz oft nicht. Shortbus, bspw. ist ein pornografischer Film, obwohl ich nie sagen würde, er dient der Triebstimulation, wie ein youporn-Clip. Es ist schon etwas anderes aber bleibt pornografisch.

In der Spex gab es vor Kurzem ein Interview mit Erika Lust, die Regisseurin von ‚Cabaret Desire‘. Ihr Ansatz ist, durch die Wertlegung auf Inhalte, ab von dem rein Körperlichen, eine erotische Spannung aufzubauen. Verfolgst du da einen ähnlichen Ansatz?

Ich finde, dass der Mensch hinter dem Körper gezeigt werden sollte. Ich habe das mit häppchenweise  versucht, indem ich normale Leute gesucht habe, also keine Schauspieler und denen ihre eigenen Grenzen gelassen habe. Ich finde Erika Lusts Arbeiten super, aber sie sagt ganz explizit, dass sie Pornos aus der Sicht von Frauen für Frauen macht. Ich will das gar nicht unterscheiden, da ich der Auffassung bin, dass Frauen keine bestimmte Art von Porno brauchen. Man kann das ja eh schwer einteilen: Frau? Mann? Die Genderfrage ist immer schwierig. Also häppchenweise ist nicht für Frauen konzipiert  – für Hetero, Homo, Frau, Mann, ganz egal.

Also auch für den Hardcore-Porno-Konsumenten?

Nicht unbedingt, wenn man eine reine Wichsvorlage sucht, ist häppchenweise wahrscheinlich nicht das Richtige. Aber es macht heiß und soll auch heiß machen. Es soll nicht nur Intellektuell und vergeistigt bleiben, es geht schon um Körperlichkeit und es sollen auch durchaus Triebe stimuliert werden.

Der Ansatz von Erika Lust ist ‚Alles kann, nichts muss‘. Ein Statement was man auch auf deiner Seite von einigen deiner Darsteller hört. Wie wichtig ist dir im Umkehrschluss das Explizite, damit deine Arbeit das Label Porno hat?

Wobei, ich habe von Anfang an gesagt, es ist das Produkt des Moments, wie pornografisch es wird. Es ist pornografisch geworden, wir haben ja bereits gedreht, aber ich habe meinen Darstellern im Vorfeld gesagt, ich bin nicht enttäuscht, wenn es das nicht wird. Das Risiko nehme ich in Kauf, denn falls  dann etwas entsteht habe ich die Garantie, dass die Leute auch Lust darauf hatten. Wenn man das gleiche Experiment mit ganz anderen Menschen wiederholen würde, käme man wahrscheinlich zu einem ganz anderen Ergebnis. Wir haben bspw. keine Penetration im Film, es ist sehr viel anderes Pornografisches passiert, aber eben nicht das. Ich habe mir dann auch darüber Gedanken gemacht, wie man denn so etwas doch entstehen lassen kann. Aber es liegt einfach an dem Moment und der Dynamik in der Gruppe. Bei Erika Lust sind die Filme ausgearbeitet und hoch artifiziell und es existiert ja auch ein Drehbuch, in dem bspw. festgelegt ist, ob jetzt jemand an einem bestimmten Ort im Raum Sex hat. So etwas wollte ich bspw. gar nicht. Vielleicht noch ganz kurz etwas zu meiner Motivation für das Projekt: Mich hat es immer angekotzt, wenn ich mich bei einem Porno immer fragen musste, haben die jetzt wirklich Lust, oder ist es nur Show? Wenn die Frage schon aufkommt, ist das der absolute Erektions-Killer. Und dem habe ich versucht mit häppchenweise entgegen zu wirken.

Vielleicht noch mal zurück zu dem Label Porno – wenn es jetzt zu keinen sexuellen Handlungen gekommen wäre, hättest du dann weiterhin mit dem Label Porno gearbeitet? Und ist es dann nicht eher nur ein reines Provokations-Wort?

Ich glaube ich hätte in dem Fall schon kommuniziert, dass es kein Porno, sondern eher ein erotischer Film geworden ist. Es gibt ja klare Definitionen: Porno ist juristisch wenn der Penis in einem großen Winkel erigiert gezeigt wird und wenn man innere Schamlippen sehen kann, und eben Penetrationsvorgänge usw.. Wenn jetzt keine Blasszene und keine Fingerszene da gewesen wäre, dann heißt das ja nicht, dass es jetzt kein Film zum Thema Sexualität geworden wäre. Allerdings hätte ich dann wahrscheinlich gesagt, dass ist jetzt kein Pornografisches Kunstwerk, sondern eben ein erotisches Kunstwerk. Ich habe dieses nicht aus Provokations-Zwecken gewählt, sondern eher um den Begriff zu enttabuisieren, ihn aus seiner wertenden Konnotation zu befreien.

Wie viele Leute waren im Endeffekt an dem Projekt beteiligt?

Das ist schwierig zu sagen. Wir waren am Drehtag um die 25 Leute und das ist jetzt wirklich auch nur eine Schätzung. Da sind jetzt auch alle eingerechnet: Die Caterer-Mädels, das waren hauptsächlich Freundinnen von mir, dann die Kameraleute, die Regieassistenz. Es gab allerdings im Vor- und Nachhinein auch noch Helfer. Also insgesamt waren wir ein Team von schätzungsweise 30 Leuten.

Und es gab nur einen Drehtag und dann musste alles im Kasten sein?

Ganz genau, es war ein Abend. Wir haben einen Raum im Raum installiert, der von insgesamt 5 Kameramännern beobachtet wurde. Es gab einen Raucherraum, denn ich wollte nicht das in dem installierten Raum geraucht wird. Was ich nicht bedacht hatte war, dass dadurch den Protagonisten sehr viel Handlungsspielraum gegeben wurde. 1/3 des Abends hat sich im Endeffekt in dieser Raucherecke abgespielt, da immer alle kollektiv Rauchen gegangen sind. Da war auch eine Kamera installiert. Ich habe mir im Vorfeld überlegt, dass da bestimmt total interessante Gespräche aufkommen. Es gab allerdings einen ständigen Wechsel, so dass ich mit drei Kameramännern immer hinter herlaufen musste. Die Protagonisten kamen nacheinander an, um echte Begrüßungsszenen einfangen zu können. Ich habe mit den Darstellern vorher, nacheinander Interviews gedreht und gefragt wie sie sich fühlen, wie sie sich vorbereitet haben. Ich saß im Regieraum und habe 9 verschiedene Kameras gesehen, mit denen ich über Headset verbunden war. D.h. ich konnte schon Regieanweisungen geben, aber halt begrenzt.

Wurden die Schauspieler alle nur über die Seite akquiriert?

Teilweise, viel auch über Mundpropaganda. Simon und Alice kannte ich bereits. Zudem gab es ein Casting bei dem ich mich für Jenz und Till entschieden habe. Jenz kannte ich vorher schon, sie lief hier in Kalk rum und ich sprach sie einfach spontan an. Linus hat sich über das Internet gemeldet aber nur, weil wir einen gemeinsamen Freund haben. Mir ist aufgefallen, dass da ein gewisses Grundvertrauen nötig ist. Und das ist halt gegeben, wenn man schon jemanden kennt, der dann auch mich kennt.

Porno verspricht ähnlich wie Musik ein ständig abrufbares Konsumgut, bietet Identifikationspunkte und verspricht eine Lusterfüllung. Kann durch deine Arbeit Porno auch eher als Konsumgut eingeordnet werden?

Ich glaube das Geschlecht und Sexualität zu großen Teilen durch Sozialisation eingeschrieben sind. Es ist nicht genetisch bedingt, sondern man erlernt, was man gut findet, was man nicht gut findet, wie man Sex hat, oder wie nicht. U.a. auch medial, und darin liegt auch die Kritik an der Postmoderne. Heute werden Normen in uns eingeschrieben, wie bspw. Rasur-Zwänge, wie Körper auszusehen haben, oder was jetzt hetero und was homo ist.

Trotz des inflationären Umgangs mit dem Thema Sex heutzutage, wächst die Offenheit über den eigenen Sex zu sprechen nicht wirklich. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Wir sind künstlich übersexualisiert. D.h. was uns tagtäglich begegnet ist ja kein echter Sex. Wenn ich mir die letzte H&M-Bikini-Kampagne angucke, ist das auch irgendwo sexy, aber im Vordergrund wird eine Körpernorm transportiert. Die ganzen youporn-Sachen, die sich Schüler auf ihren Smartphones auf dem Pausenhof zeigen, das ist ja auch kein echter Sex, und das ist ja in keinster Weise ein reflektierter Umgang mit Sex. Das fördert bei den Jugendlichen ein verzerrtes Bild. So wie es da abläuft, nach Dampfhammermethode und schön laut stöhnen, so ist das richtig und so mache ich das mit meiner Freundin auch. Ich denke Schüler und Jugendliche sind nicht zu unterschätzen, die sind wahrscheinlich schon reflektierter, aber theoretisch lernt man ja von diesen Bildern etwas. Und man lernt nicht, dass man sensibel miteinander umgeht und über Sachen redet, sondern da lernt man, ich muss stumm rumficken und dann ist alles gut. Und davon wollte ich auch weg, mit häppchenweise. Deswegen wird auch so viel geredet (lacht).

Ein Problem war mit Sicherheit die eigene Schüchternheit mit der die Protagonisten zu kämpfen hatten. Wie hast du versucht diesem Verhalten entgegenzuwirken?

Ich habe vor dem Dreh, aber auch in den Interviews versucht die Leute ein bisschen zu beruhigen, was mir natürlich nicht wirklich gelungen ist. Das gehört aber auch dazu, ich wollte dem auch gar nicht mehr entgegenwirken. Weil ich das voll süß fand, und es passt auch genau in den Film. Man merkt am Anfang wie nervös alle waren. Beim Essen werden ganz komische Sachen nur um des Redenswillen geredet. Mit der Zeit hat sich das dann total gelockert. Nur hat das schon seine Zeit gebraucht, denn die Leute kannten sich untereinander teilweise gar nicht, und dann die Kamera Situation. Aber das sind eben echte Leute. Wir haben elf Stunden gedreht und diese Zeit wurde auch gebraucht.

Post Porno als feministisches Phänomen, ein Gegenentwurf zum Porno mit einem ungleichen Geschlechterverhältnis – siehst du dein Projekt in dieser Tradition?

Ja, ich bin Feministin und ich sehe häppchenweise als feministisches Projekt an, aber nicht so wie Erika Lust das bspw. auslegt, nach dem Motto: Wir Frauen brauchen unsere eigenen Pornos und wir Frauen nehmen das jetzt selber in die Hand. Natürlich bin ich auch eine Frau und gehe da mit einer anderen Sicht heran als der heteronormative, weiße Businesstyp aus den oberen Etagen der Pornoindustrie. Ich sehe Feminismus eher mehr in der klassischen Form der Postpornografie, die etwas mit Transgender, Queer, Intersex-Bereich zu tun hat. Und sich auf die Genderstudies stützt, alles was wir machen ist performativ und nicht angeboren und das ist nicht nur auf das Geschlecht sondern auch auf Sex zu beziehen. Postpornografie ist eine heterogene Bewegung, die ursprünglich aus dem Queer-Transgender-Bereich kommt, mittlerweile ist es eher ein Überbegriff für subversive Formate, die irgendetwas anders oder besser machen wollen als im Mainstream-Porno, und jeder hat da seine spezielle Herangehensweise oder Wertlegung. Erika Lust hat jetzt einen anderen Ansatz als Shine Louis Houston.

Wie du schon gesagt hast, liegt der Ursprung der Bewegung in der Queer- und Transgender-Bewegung und es gibt zur Zeit neben Erika Lust nicht viele heterosexuelle Regisseure, die sich dem Thema widmen.

Es gibt ja auch Filme mit extrem-feministischen Positionen, wie Virginie Despentes, die den Film ‚Baise-moi’ gemacht hat, wo Frauen die schlechte Erfahrung mit Männern gemacht haben, diese vergewaltigen und dann auf übelste Art und Weise umbringen. Das ist auch pornografisch, das ist auch Postporno aber eben sehr destruktiv. Postporno war zu Beginn u.a. durch Wut motiviert. Vielleicht ändert sich das Gebiet durch Erika Lust und vielleicht auch durch häppchenweise. Ich würde fast soweit gehen und Charlotte Rochse ‚Feuchtgebiete‘ zur Postpornografie zählen, da hier mit Hygiene-Zwang, Körperkult und Rasurzwang, aufgeräumt wird. Ich glaube es geht bei Postporno darum, dass derartige Normen gebrochen werden. Deswegen sollte es auch im Hetero-Bereich vorangetrieben werden, damit die Bewegung etwas aus der Queer-Ecke herauskommt. Weil im Prinzip ist es ja genau die heterosexuelle Pornografie, die man kritisiert.

Gab es eigentlich auch Kritik aus einer Richtung, die du so nicht erwartet hättest, von Leuten bei denen du der Überzeugung warst, dass die die Intention des Projekts eigentlich sofort hätten blicken müssen.

Es gab schon Kritik von unseren Eltern, das war so aber auch zu erwarten. Wir haben von Anfang an gesagt, wir reden da ganz offen drüber mit Freunden, unseren Verwandten, mit unserer Familie, wir sind ja nicht mehr in den 50ern. Wenn wir so ein Projekt machen, dann wollen wir auch selber diesen offenen Umgang leben. Die Leute, von denen ich eine negative Reaktion erwartet habe, die haben auch negativ reagiert.

Also gab es nur Kritik aus dem näheren Umfeld und keine negativen ‚öffentlichen‘ Reaktionen?

Doch, bei youtube gab es eine Menge negative Kommentare. Z.B.: ‚Der einen sollte man mal in den Mund kacken‘, eben diesen youtube-Mist. Und es gab auch E-Mails an unsere öffentlich Adresse. Vor kurzem hat mir noch mal jemand etwas Nettes geschrieben, aber es gab auch Mails, in denen stand: Wie Porno? Macht es doch einfach. Wofür braucht ihr 10.000 Euro.  Wo ich mir einfach denke, lies doch einfach noch mal unsere Seite durch. Ich habe an meine Uni-Adresse mal eine Mail bekommen, wahrscheinlich von einem Studenten, ich kannte die E-Mail Adresse nicht, da stand einfach nur drin: Bitte mach keinen Film, die Welt braucht ihn nicht. (lacht)

Dein Film verfolgt einen eher sanften, ästhetischen, unaufgeregten Umgang mit dem Thema Porno: Was hältst du eigentlich von Masturbations- und Anal-Schockern wie Charlotte Roche?

Ich bin totaler Fan von Charlotte Roche. Vor allem Feuchtgebiete wurde so oft durch den Kakao gezogen, von wegen Literarisch ist das totaler Müll, sie ist nur provokant und will Kohle machen. Das kann ja sein, vielleicht will sie auch Kohle machen, aber sie muss derart provokant sein um ein Gleichgewicht wieder herzustellen zu diesem vorherrschenden Hygiene und Rasurzwang. Und sie will mit Sicherheit nicht, dass wir Tampons in den Fahrstuhl legen und uns selbst das Arschloch aufstoßen, sondern sie will ein künstlerisches Statement setzen. Ich finde provokante Sachen super, und ‚Feuchtgebiete’ bspw. hat die volle Berechtigung provokant zu sein. Ich schreibe meine Doktorarbeit über Bruce LaBruce, er hat bspw. zwei schwule Zombie-Filme gemacht, in denen in Bauchhöhlen penetriert wird, sehr fleischlich und materialistisch, sehr provokant, aber auch total Rock’n’Roll und total gut und eine künstlerische Setzung, die vollkommen ihre Berechtigung hat. Die Pornografie in seinem Werk gehört genau dahin wo sie ist. häppchenweise hat natürlich ein ganz anderes Grundkonzept. Es geht ja gerade darum eine ganz freundliche, nette Atmosphäre zu generieren. Ich wollte ein positives, freundliches Bild vom Sex vermitteln.

Text: Thomas Markus, Bilder: häppchenweise