Fundgrube 26.08.2017

Das beste Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt - Sommer 2017

Sonnenmomente, die zum Snack auf dem freien Festivalfeld einluden, gab es im sogenannten Sommer 2017 viel zu wenig. Weil aber Sonnenstrahlen den Geschmack nicht verstärken, haben wir uns auch dieses Jahr wieder quer durch die Foodstände und -trucks geschlemmt. Ganz uneigennützig und nur für den schönen Artikel, versteht sich ja von selbst.

Es gab wieder viel zu essen diesen Sommer. Und nicht nur auf den Musikfestivals: Auch das Surffestival auf Fehmarn setzt inzwischen auf attraktive Foodtrucks mit leckeren Speisen, regional, Bio, fleischfrei oder mit ganz viel Fleisch, warm, kalt, exotisch, alles was man sich wünscht. Und das Konzept der Street Food Festivals setzte sich 2017 sogar so sehr durch, das selbst meine kleine und eher ländliche Wahlheimatstadt satte 60 Food Trucks auf den Schützenplatz gestellt bekam. Ich probierte mich durch Chorizo Sandwiches, traute mich an frittierte Mehlwürmer und Heuschrecken und kostete auch den allerneuesten Candy-Trend, die japanische Bubble Waffle - allerdings ohne nachhaltigen Eindruck. Schon krass, was inzwischen überall geht - und zugegeben, der Trend sollte aufpassen, sich nicht durch Überpräsenz tot zu laufen. Doch soweit ist es Gott sei Dank noch nicht; noch darf hemmungslos geschlemmt werden, ohne genervt zu sein.

Beim Appletree Garden, dem Orange Blossom Special, dem Summer’s Tale und wie sie alle heißen ist jedoch nach wie vor alles beim Alten: Da gibt es wie schon seit Jahren tolles Essen als Alternative zur öden Mantaplatte (wobei, sorry: Ich nehm’s zurück! Und sage: Zur vergleichsweise eher unspektakulären Mantaplatte), dem Asia-Mann und dem aufgewärmten Stück Blechpizza. Grund genug, die Ranking-Maschine auch in diesem Jahr wieder anzuschmeißen und das allerbeste Festival-Food aller Zeiten der Welt zu küren.

Bitte lassen Sie sich den Mund wässrig machen von drei außer Konkurrenz geführten Köstlichkeiten, darunter ein Klassiker, der Erwähnung bedarf; zwei Neueinsteiger in den Top 10 und eine neue Nummer 1. Guten Appetit!

Außer Konkurrenz #1: Quarkerei

Eine riesige Schlange beim Hurricane Festival. Ich bin neugierig und schaue mal nach: Für Quaaaak. Wie bitte? Jawohl: Hier kann man sich seinen Quarkbecher entweder selbst zusammen stellen oder aus vorgedachten Mixturen wählen. Mit frischen Früchten, verschiedenen Soßen, Cookies, Krokant, Schokoladensplittern und so weiter. Für Eis-Ersatz-Sucher auch als Frozen Quark erhältlich. Geschmacklich der Wahnsinn. Man könnte den ganzen Tag damit zubringen, sich neue Kombinationen auszudenken. Trotzdem außer Konkurrenz, weil eher Nachtisch. Aber somit umso besser geeignet als Add-On zu jedem der zehn folgenden Gerichte. Davor und danach.

Außer Konkurrenz #2: Handbrot

Das Handbrot müsste grundsätzlich eigentlich auf Platz 1 stehen. Es gibt Abzüge dafür, dass es inzwischen in der Festivalszene derartig weit verbreitet ist, dass es eigentlich schon nichts besonderes mehr ist - so landete es letztes Jahr noch auf Platz 8, dieses Jahr habe ich beschlossen, es außer Konkurrenz laufen zu lassen. Für die, die es noch nicht kennen: Brotteig, gefüllt wahlweise mit wahnsinnig viel Käse und Schinken oder wahnsinnig viel Käse und Champignons, zusammen gebacken. Ein Klecks Sour Cream und Schnittlauchröllchen drauf. Fertig ist das Festivalessen, dass am nachhaltigsten sättigt und auch was fürs Auge ist: Dieser geschmolzene Käse und wie er sich so herrlich in Fäden ziehen lässt, ist pure Food-Erotik. Neu in diesem Jahr: Mit Salami-Stückchen und Peperoni oder mit getrockneten Tomaten und Oliven. Stagnation ist auch für Handbrotbäcker nichts!

Außer Konkurrenz #3: Mini-Calzone

Dieses Jahr mit in der Liste, aber außer Konkurrenz: Die Mini-Calzone vom Orange Blossom Special, gefüllt und frittiert von Pizza Il Gusto. Kaum ein Festival-Snack, der so sehr mit seinem Festival assoziiert wird: Die in der, na sagen wir, ersten Stunde vor Hitze nicht essbare gefüllte Pizza mit Käse und Tomatensoße gehört zum OBS wie der Regen zum Festivalsommer. Legenden erzählen von so kalten Pfingstwochenenden, dass man auf Kosten einer verbrannten Zunge und Lippen die Spitze der Mini-Calzone abbiss, um sich mit dem lavaähnlichen Inneren heiße Luft zuzufächeln. Wahr ist: So simpel die Mini-Calzone konzipiert ist, so lecker schmeckt sie auch. Kult ist sie eh. Dringend nächstes Jahr mal vergenusswurzeln!

Platz 10: Camp Burger

Beim Orange Blossom Special steht der Burger-Wagen der Camp Cuisine. Hier wird die Liebe zum Burgerbraten voll ausgekostet: Alles Bio, alles nachhaltig, alles sehr hingebungsvoll. Da wird jede Tomaten- und jede Gurkenscheibe einzeln kunstvoll zwischen die Fladenbrothälften drapiert, so dass man sich fürs Anstehen gerne eine Band im Lineup aussuchen darf, die man nun nicht ganz so unbedingt sehen muss. Aber ohne Flachs, allein der Harakiri-Burger ist es wert: Rindfleisch (auf Nachfrage auch gerne zwei Lagen!), süße Chili-Soße, Ananas-Aioli, Tomaten, Gurke, Röstzwiebeln und Sojasprossen. Was für eine wahnsinnig gute Kombination. Nachschärfen? Klar, hausgemachte Extra-Soßen stehen am Thresen bereit, teilweise im täglichen Wechsel. Sogar meine geliebte Erdnuss-Soße! Gibt's auch mit veganem Bratling (auf Nachfrage gerne auch zwei Lagen!). Ganz ausgezeichnet.

Platz 9: Sushi Burrito

Gegessen beim Appletree Garden in Diepholz. Was für eine Idee: Burrito einfach mal japanisch! Das geht so: Statt des obligatorischen Weizenmehlfladens wird ein Nori-Blatt mit japanischem Sushi-Reis belegt - dann kommt alles dazu, was das Herz begehrt. Frisches Gemüse (Möhren, Weiß- und Rotkohl, Gurke, Salat, Ingwer) und wahlweise Chicken Teriyaki, Krabbenfleisch oder Spicy Tofu. Geht also alles entweder carnivor, vegetarisch oder vegan, macht demnach jedem Freude. Geschmacklich ist das mal was völlig anderes, wer Sushi mag aber keinen rohen Fisch darf sich hier mit Anschwung auf die gerollte Seite ziehen lassen. Das Fleisch ist sehr lecker gewürzt, die Burritos sind mit Liebe und einem kurzen Schnack gerollt. Halten nicht ewig satt, das muss man dazu sagen - doch es gibt ja zum Glück noch so viele andere Stände.

Platz 8: XXL Ofenkartoffel (Erdgold)

Die Ofenkartoffeln von Erdgold sind der erste New Entry in unserer Challenge und werden von ihren Machern nicht umsonst als „sexy“ angepriesen: Die großen Knollen sind ohne Frage ein echter Hinkucker für jeden Geschmack. Ob mexikanisch mit Chili Con Carne, geriebenem Käse und Nachos oder vegetarisch mit Rucola, Ziegenkäse, Sprossen und Feigensenf: Das ist großes Tennis, hält lange satt und schmeckt vorzüglich. Durften wir beim Hurricane Festival und dem Surffestival auf Fehmarn probieren und fingen Feuer. Einziger Nachteil an der intensiven Stopfung: Wirklich viel Platz für andere Köstlichkeiten hat man nach dem Snack bei Erdgold nicht mehr. Aber wir wollen mal nicht an der falschen Stelle kritteln.

Platz 7: Holy Dogs

Die Holy Dogs gewinnen gegenüber der Konkurrenz wieder einen Platz. Den klassischen Hot Dog gibt es hier in drei granatenstarken Variationen, alle natürlich bio, vegetarisch oder mit Fleisch, die Soßen natürlich selbstgemacht. Den Klassiker gibt es mit Bio-Wiener, Ketchup, Senf, Schmorzwiebeln, selbst eingelegten Gurken und hausgemachter Holy-Sauce. Der absolute Wahnsinn ist der Santa Maria mit Bio-Beef-Rolle, gemischtem Salat, Guacamole, Tomaten-Salsa und zur Krönung Chili-Fäden als Topping. Für Hot Dog-Fans mit erlesenem Geschmack gibt es dann noch den Notre Damager: Da gesellen sich Mischsalat, Apfel-Rosmarin-Kompott, Ziegenkäse, gebrannte Walnüsse und Granatapfelkerne zur Bio Beef Roll - nicht so ganz unser Ding, aber dennoch erwähnenswert.

Platz 6: Falafel

Hält einen starken Platz 6: Die Falafel. Die zwischen all dem neuen hippen und experimentierfreudigen Food eigentlich inzwischen fast untergeht, uns beim Appletree Garden im Juli aber mit Anlauf daran erinnert hat, wie gut und wichtig sie ist. Falafel sind ob des zunehmenden Veganismus ja sowieso mehr up to date denn je. Beim Hurricane 2005 aß ich sie zum ersten Mal und seitdem in immer unterschiedlichen Variationen auf verschiedenen Festivals. So gelange ich bei Falafel zu der EInschränkung, dass nur dieser sechseckige gelbe Stand, auf dem "Das Original aus dem Libanon" steht, es wirklich beherrscht, die Dinger richtig lecker zu kombinieren. Das geht so: Wrap, Harissa (für mich gerne viel!), eingelegte Gurken, Tomatenscheiben, Falafel, Sesamsoße, ganz viel frische Petersilie. Aufgerollt, fertig. Wenn ihr diesen Stand auf einem Festival seht: Hin da. Sofort.

Platz 5: Tacos & Quesadillas (Casita Oaxaca)

Bei den Taco-Ständen haben mich auf Festivals bisher immer der recht hohe Preis für die recht kleinen Mengen abgeschreckt, und die sind auch dieses Jahr genau der Grund, warum die mexikanische Spezialität nicht höher platziert ist. Das Ganze ist eher ein Appetizer, dafür aber eine absolute Geschmacksexplosion. Bei Casita Oaxaca auf dem Hurricane Festival probierte ich den Chipotle Chili Taco mit herrlich zartem Fleisch, eingelegten Jalapenos und ebenfalls frischem Koriander, als Topping unverzichtbar, mit Guacamole und Erdnuss-Soße. Außerdem den Quesadilla: Etwas größer und mit Bohnenmus. Die perfekte Festivalfood-Vorspeise. Mit Liebe.

Platz 4: Bao Bao Burger

Zugegeben, ein Augenschmaus ist sie nicht unbedingt, die Crossover-Spezialität der Streetfood-Küche. Die Bao Bao Burger sind gedämpfte Buns, die mit amerikanischen Köstlichkeiten wie Pulled Pork, Pulled Beef, einem Chicken Patty oder Tofu, außerdem Cole Slaw und Barbecue Soße gefüllt werden. Aber die Hefeklößen ähnelnden Brötchen sind außerordentlich zart trotz erstaunlich fester Konsistenz; die Füllung schmeckt großartig und der Aha-Effekt, hat man sich von der Optik nicht abschrecken lassen, ist bemerkenswert. Beim Hurricane Festival waren die Bao Bao Burger die Gewinner der Herzen, so sind sie hochverdient der höchste New Entry in diesem Jahr.

Platz 3: Lachsburger

Unsere letztjährige Nummer 1 verliert 2 Plätze. Das Orange Blossom Special in Beverungen arbeitet schon seit Jahren mit der Firma Fisch & mehr zusammen, deren Backfisch-Brötchen bereits so einige Leben an kalten Pfingstabenden gerettet haben. Ihr Lachsburger ist nach wie vor ein Highlight der diesjährigen Festival-Food-Challenge. Weil er frisch gemacht wird, muss man ein wenig darauf warten, aber glaubt mir, es lohnt sich: Im Brioche-Bun wird ein leckerer Lachs-Patty serviert, der wirklich eine tolle feste Konsistenz hat. Ihm zur Seite stehen Bio-Wildkräutersalat, Tomatenscheiben, karamellisierte Zwiebeln und hausgemachte Honig-Senf-Soße. Wir wollten’s nicht glauben und mussten den Burger gleich zweimal essen, um dann aber umso überzeugter die Ansicht zu vertreten: Das hier war das absolut kolossal leckerste, was wir in diesem Sommer verpeisen durften.

Platz 2: Pommes Pervers

Jeder weiß ja nun mal, dass Pommes so ziemlich eine der besten kulinarischen Erfindungen der Welt sind, und wenn sie richtig gemacht sind, brauchen sie außer Ketchup und Mayo auch keinen Schnickschnack obendrauf - vielleicht nur, wenn man sie als „Pommes Spezial“ isst und gehackte frische Zwiebeln dazu bekommt. Pommes Pervers ist dabei das Maß aller Dinge: Die Chili-Cheese-Variante gibt es dort auch, allerdings nur mit Käsesoße und Jalapeno-Ringen. Mit Pulled Pork, Cole Slaw, BBQ-Sauce und frischen Zwiebelringen sind die Pommes - übrigens die breite, dicke Variante - der glatte Wahnsinn. Doch der Gewinner dieser Kategorie ist so genial wie einfach: Die Bolognese-Pommes mit italienischer Hackfleisch-Tomaten-Soße, Creme Fraiche und geriebenem Käse. Dass wir da nicht früher drauf gekommen sind! Gleich wieder angestellt, noch eine Portion. Fingerlickin‘ good!

Platz 1: Pulled Pork (Rolling Taste)

Unsere Nummer 1 von 2016 erkämpft sich den Platz an der Sonne zurück. Kein Wunder! Allein beim Gedanken daran läuft einem das Wasser im Mund zusammen, sofern man kein Vegetarier oder Veganer ist: Schweinefleisch, zwei Tage mariniert und dann 18 Stunden lang im Smoker bei niedriger Temperatur gegart. Dadurch wird das Fleisch so zart, dass man es mit der Gabel abzupfen kann - daher kommt dann auch der Name. Das Fleisch wird alsbald mit einer speziellen BBQ-Soße vermengt und mit Cole Slaw, diesem amerikanischen Krautsalat, und Aioli in ein Brioche-Brötchen gebettet. Das sieht leider nicht atemberaubend aus, und es zu essen ohne dass die Hälfte herunterfällt oder -tropft ist schier unmöglich, aber die Leckerness ist einfach komplett ohne ernsthafte Konkurrenz. Besonders gut hat uns aus allen Angeboten das Pulled Pork von Rolling Taste geschmeckt - dezent angereichert durch ein paar Tröpfchen extrascharfer Chilisoße. So wurde uns wenigstens warm.


Text und Fotos: Kristof Beuthner