Rezensionen 25.08.2017

Angelo De Augustine - Swim Inside The Moon [Asthmatic Kitty / Cargo]

Pure Schönheit entsteht manchmal in einer Badewanne. So war das zumindest bei „Swim Inside The Moon“, dem zweiten Album des 24jährigen Kaliforniers Angelo De Augustine, das seine musikalische Mitte im geistigen Erbe von Elliott Smith und Nick Drake findet, an der Hand geführt von Sufjan Stevens.

Es gibt so Platten, die berühren dich gerade durch ihre pure und unmittelbare Essenz. Und bitte, Damen und Herren, wie pur soll es denn noch werden bei Angelo De Augustine? Dieser Typ, jung wie bärtig, setzt sich mit seiner Gitarre und einem alten Tonbandgerät in die Badewanne und singt seine unsagbar schönen Songkleinodien gegen die stoischen Fliesen. Was erstmal nach Verschrobenheit klingt, offenbart sich schon nach wenigen Tönen als introvertiert-zärtlicher Songwriter-Folk, der an zwei unvergessene Großmeister des introspektiven Folksounds erinnert, Elliott Smith und Nick Drake, Gott hab sie selig. Angelo De Augustine ist vor allem letzterem in der Kunstfertigkeit seines Arpeggio-Fingerpickings recht ähnlich, an Smith erinnern in erster Linie die leicht verschleierten, immer am Falsett perlenden Vocals. Aber auch Asthmatic Kitty-Labelmate Sufjan Stevens, der zum Vorab-Track „Crazy, Stoned & Gone“ ein wundervolles animiertes Video spendiert hat, stand - speziell mit seiner „Seven Swans“-Phase und der Rückkehr dorthin mit seinem letzten Album „Carrie & Lowell“ - Pate für diesen sehr organischen, zurückgezogenen und reduzierten Sound. Außer De Augustines Stimme und seiner Gitarre ist nichts (oder sagen wir: Wenig) zu hören auf „Swim Inside The Moon“, keine Aufhübschung, kein wohlklingendes Schmuckwerk. Nur diese Stimme, diese Gitarre, diese wundervollen Songs.

Worum es geht auf diesem Album, kann Angelo De Augustine übrigens nicht sagen; er beschreibt den Entstehungsprozess als eine Art Zwiegespräch mit der eigenen Traumwelt, nur dass er morgens eben mit einem Song aufwacht statt mit Erinnerung an einen Traum. Das klingt interessant als Basis für eine Platte, aber irgendwie auch genauso verschroben, wie man es von einem Sufjan Stevens-nahen Künstler erwarten darf. Und die Platte strahlt tatsächlich eine durchweg verträumte und diffus romantische Atmosphäre aus; ein Wechselbad der Gefühle, zwischen Liebe und Hingabe, Angst und Sorge, Schlaf- und Wachphase und einem Verschwimmen aus allem - eben so diffus konstruiert, wie Träume es auch sind, und so ist „Swim Inside The Moon“ auch ein adäquat gewählter Titel für eine sehr berührende, leise Reise, die vorzugsweise in den Abendstunden genossen werden sollte. Die Augen geschlossen. Die Bilder ziehen ganz von selbst vorbei.


Text: Kristof Beuthner